Kurzbericht | 18. November 2022

GLAM digital – Datenkompetenzen für Kulturerbe-Einrichtungen

Vier Personen sitzen mit VR-Brillen vor einem Gemälde.

Four persons with virtual reality goggles

"Vier Personen sitzen mit VR-Brillen vor einem Gemälde." CC0 Autor:in: Lucrezia Carnelos

03.–04.11.2022

Das diesjährige Forum der Cultural Research Data Academy (CRDA) widmete sich dem Thema "GLAM digital – Datenkompetenzen für Kulturerbe-Einrichtungen". Damit war es das erste Forum des NFDI4Culture-Konsortiums, welches explizit die umfangreiche wie diverse Gruppe der sogenannten GLAM-Institutionen (Galleries, Libraries, Archives, Museums) adressierte.

An insgesamt zwei Tagen im hessischen Marburg fokussierte die Hybridveranstaltung zahlreiche Themenkomplexe rund um die Schlüsselworte "digital" und "Datenkompetenz". Vertreter:innen verschiedenster Einrichtungen waren anwesend, von Hochschulvertreter:innen, über Archivar:innen und Museumsmitarbeiter:innen. Diese breit gefächerte Expertise der Redner:innen und des in Präsenz wie digital anwesenden Publikums, sorgte für interessante Fragen und angeregte Diskussionen.

Der erste Konferenztag begann, nach einer kurzen Begrüßung durch das Organisations-Team, mit drei parallel stattfindenden Online-Workshops, welche von NFDI4Culture-Mitarbeiter:innen verschiedener Aufgabenbereiche organisiert und durchgeführt wurden: Neben einem Basiskurs zum Forschungsdatenmanagement der CRDA-Mitarbeiter:innen Dr. Martin Albrecht-Hohmaier und Katharina Bergmann, zugeschnitten auf Bedürfnisse der GLAM-Community wurde von Angela Kailus und Dr. Celia Krause (Aufgabenbereich Standards, Datenqualität und Kuratierung) ein Workshop zum Thema "FAIR-Roadmaps für Kulturerbe-Einrichtungen – und wie Datenmanagementpläne Sie dabei unterstützen" angeboten. Prof. Dr. Ina Blümel und Dr. Lozana Rossenova (Aufgabenbereich Digitalisierung und Anreicherung digitaler Kulturgüter) widmeten sich in Ihrem Workshop dem Thema "Repräsentation von dreidimensionalen Objekten mithilfe von Kompakkt und Wikibase-basierten Annotationen".

Der erste Konferenztag fokussierte im Anschluss an diese Workshops in zwei Panels das Thema der Aus- und Weiterbildung bestehenden und zukünftigen GLAM-Personals und stand unter dem Motto "Datenkompetenzen ausbilden". Die Panels, welche durch je zehnminütige Inputs der Referent:innen und anschließender Diskussion strukturiert waren, warfen sowohl einen Blick auf die Ausbildung von Datenkompetenzen in der Hochschulausbildung und (Fern-)Weiterbildung an Hochschulen, als auch auf die Begleitung und Ausbildung von Volontär:innen.

Das erste der beiden Panels legte den Fokus auf Berufseinstieg und Weiterqualifikation. Eva Eick stellte das Förderprogramm des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen "Forschungsvolontariat Kunstmuseen NRW" vor. Prof. Dr. Claudia Frick berichtete über den Masterstudiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft / MALIS (Master in Library and Information Science) der Technischen Hochschule Köln und Prof. Dr. Susanne Freund gab einen Überblick über die Weiterbildungsstudiengänge im Bereich Archiv an der Fachhochschule Potsdam. Die anschließende Diskussion der Referent:innen mit dem Plenum konzentrierte sich vorwiegend auf drei große Themenbereiche: Die digitale Grundbildung der Studierenden/des Nachwuchses, die nicht als Voraussetzung betrachtet werden kann und oftmals erst im Studium erarbeitet werden muss, die Kapazitätslimits in den stark nachgefragten (Fern-)Weiterbildungsstudiengängen und den Wunsch nach qualitativ herausragenden Fortbildungsmöglichkeiten für Mitarbeiter:innen. Es wurde zudem auf das Problem aufmerksam gemacht, dass sich zu vermittelnde Inhalte schneller ändern als Curricula angepasst werden können, was die Ausbildungsinstitutionen vor weitere Herausforderungen stellt. Zudem wurde von verschiedenen Seiten der Wunsch nach einer stärkeren Vernetzung von GLAM-Institutionen mit Hochschulen geäußert, der über NFDI4Culture erfolgen könnte und in dessen Rahmen Kulturerbe-Institutionen Bestände für Studiengänge, in denen künftiges GLAM-Personal ausgebildet wird, öffnen könnten.

Mit den Schlagwörtern "Hochschule und Ausbildung" war das zweite Panel des Tages überschrieben. Mario Röhrle berichtete von den Studiengängen der Medien- und Papierrestaurierung an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und wie dort Datenkompetenz an die Studierenden vermittelt wird. Dr. Irmgard Christa Becker lieferte als Leiterin der Archivschule Marburg einen Blick in die klassische Archivar:innen-Ausbildung und deren Vermittlungsweisen digitaler Kompetenzen. Die Diskussion mit dem Plenum und dem digitalen Publikum unterstrich noch einmal den Aspekt der vorangegangen Panels, indem einhellig eine stärkere Einbindung der Ausbildung im Bereich digitaler Methoden und Inhalte in die Lehrpläne der grundständigen Studiengänge gefordert wurde. Deutlich wurde zudem, dass auch auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Fachbereiche sich vielen ähnlichen Problemen gegenübergestellt sehen und durch Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch profitieren können.

Den Abschluss des ersten Tages bildete eine Round-Table-Diskussion überschrieben mit dem Thema "Herausforderungen des digitalen Wandels im GLAM-Bereich". Moderiert durch die CRDA-Co-Sprecher Prof. Dr. Malte Hagener und Prof. Dr. Andreas Münzmay diskutierten Dr. Irmgard Christa Becker (Archivschule Marburg), Prof. Dr. Peter Bell (Philipps-Universität Marburg) und Freya Schlingmann (Zentrale wissenschaftliche Projektsteuerung museum4punkt0). Gefolgt von der Feststellung, dass sich der digitale Wandel in vielen GLAM-Bereichen unterschiedlich schnell vollzieht, wurde einstimmig darauf hingewiesen, dass es wichtig sei, kleine und mittlere Einrichtungen nicht zu vernachlässigen und Verbünde einzurichten und auszubauen, um effektiv gemeinsam agieren zu können und voran zu kommen. Ein weiteres bestimmendes Thema der Diskussion war der von Irmgard Becker angeführte Punkt, Management-Kompetenzen stärker in die Ausbildung einzubinden. Bezogen auf das Berufsleben brachte Freya Schlingmann ein Plädoyer für fachlich breit aufgestellte Teams vor, die unterschiedliche Expertisen in sich vereinigen sollten. Vor allem das daraus erwachsene Thema der disziplinübergreifenden Zusammenarbeit und des Erfahrungsaustausches bestimmte anschließend die Diskussion mit dem Plenum.

Der zweite Konferenztag stand unter dem Thema "Datenkompetenzen anwenden" und beinhaltete drei Panels, die sich teils ganz unterschiedlichen Themenkomplexen zuwandten: Der Tag begann mit den Aspekten des Sammelns und Bewahrens, also essenziellen Bestandteilen der Arbeit jeder GLAM-Institution und zudem ein Bereich, der stark von der Digitalisierung betroffen ist. Prof. Dr. Dorothee Haffner, Professorin für Museumsdokumentation der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Martin Stricker von der Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen, Dr. Birgitta Coers, Leiterin des documenta archivs und Dr. Frank Bär, Leiter der Sammlung Musikinstrumente des Germanischen Nationalmuseums stellten ihren Umgang mit Sammlungsdaten und individuelle wie übergreifende Herausforderungen mit diesen dar. Die Schwerpunkte der einzelnen Inputs bewegten sich zwischen Themengebieten wie Wissensressourcen, Digitalisierungsstrategien und -standards, spezifischen Herausforderungen auf struktureller, personeller und technischer Ebene. Darüber hinaus bildeten diese Themen Schnittstellen in der anschließenden Diskussion vor dem Hintergrund der unterschiedlichen GLAM-Kulturerbeeinrichtungen, sowie Arbeitsbedingungen in den einzelnen Fachdisziplinen. Diskutiert wurde auch der spezielle Ausbildungsbedarf an Personal und die beschränkten Ausbildungskapazitäten der einzelnen Hochschulen. Herausgestellt wurden in diesem Panel die Bedeutung interdisziplinärer Zusammenarbeit, die Notwendigkeit zur Einrichtung fachlich divers aufgestellter Teams in den Institutionen, sowie die Relevanz von Vernetzungsangeboten und der Wunsch an das NFDI4C- Konsortium in Zukunft ähnliche Formate wie das Forum anzubieten.

Im vierten Panel mit dem Titel "Tools und Services nutzen" stellte zunächst Chiara Marchini die Deutsche Digitale Bibliothek vor, unterstrich das Bewusstsein für Datenqualität und kontrollierte Vokabulare und gab einen Ausblick auf den Relaunch. Frauke Rehder präsentierte anschließend den digiCult-Verbund und erläuterte Dienste wie Schnittstellen. Dr. Elisabeth Böhm berichtete über die Unterstützungen, die das Projekt eCulture des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt vor allem hinsichtlich der Beratung von Institutionen und Projekten anbietet. Dr. Christian Bracht weitete den Blick auf das Thema "Open GLAM" und die freie Zugänglichkeit und Nachnutzbarkeit von Sammlungs- und Forschungsdaten. Neben problematischen Bildrechten und Lizenzen stellte Bracht eine "Open Access Policy für Kulturerbe-Einrichtungen" vor. In der anschließenden Diskussion nahmen spezielle rechtliche Fragen einen großen Teil ein, die sich vor allem auf die Nachnutzung von Fotografien (von Kunstwerken) bezogen oder auch die nach wie vor uneinheitliche Gebühren- und Kostenregelung für den Erwerb von Nutzungsrechten behandelten. Anhand von Fallbeispielen wurden zudem konkrete Herausforderungen der Institutionen und Projekte erläutert, wie sie für Tools und Services angesichts bestimmter rechtlicher Hürden bestehen.

Den Abschluss bildete ein Panel zu Vermittlungsaspekten und dem Zugänglichmachen von Sammlungsdaten. Katharina Ewald vom Deutschen Filminstitut & Filmmuseum und Anna Gnyp vom Landesmuseum Württemberg stellten verschiedene Projekte an ihren Häusern, ihre digitalen Strategien im Allgemeinen und digitale Vermittlungskonzepte vor. Theresa Stärk, Leiterin des Projektes Digitale Kunstvermittlung | ART 4.0, ergänzte mit einem Beispiel aus der universitären Ausbildung in der Kunstvermittlung. Prof. Dr. Bernhard Thull von der Technischen Universität Darmstadt präsentierte seine Arbeit am Digitalen Pina Bausch Archiv und konnte als Informatiker und Software-Entwickler einen spannenden, differenzierten Blick auf Digitalprojekte beitragen. Nach einer kurzen Diskussion über die Relevanz von persistenten Identifikatoren für Sammlungsdaten, wurde das Themenfeld der Vermittlung von Datenkompetenz im eigenen Haus und dessen Relevanz aufgeworfen. Zudem wurde unterstrichen, dass es wichtig sei, den Datenumgang gut zu dokumentieren – im Allgemeinen wie auch in Projekten – damit das Wissen lange verfügbar bleibt und nachgenutzt werden kann, intern wie auch im Teilen mit anderen Häusern und Institutionen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die inhaltlich breit aufgestellte Tagung einerseits bestehende Probleme und Herausforderungen aufzeigte, andererseits auch erste Lösungsansätze präsentierte und mögliche Synergien und Kooperationsmöglichkeiten offenlegte. Die CRDA und NFDI4Culture insgesamt möchten die wichtigen Diskussionen und möglichen Kooperationen zwischen den Institutionen nicht abreißen zu lassen und freuen sich als vernetzendes Element koordinierend tätig zu werden und zu unterstützen.

 

Die Präsentationsfolien stehen Ihnen hier zum Download zur Verfügung: https://cloud.nfdi4culture.de/s/kD7XzeCyJLwm3TH.