Datenmodellierung, symbolized by carving a wooden block with the inscription "Daten".

Datenmodellierung

"Datenmodellierung, symbolized by carving a wooden block." CC0 Autor:in: Martin Albrecht-Hohmaier, Besitzer:in: Martin Albrecht-Hohmaier

Die Kolleg:innen aus dem Fach der Musikwissenschaften innerhalb von NFDI4Culture haben sich auch in diesem Jahr in das Programm der Jahrestagung für Musikforschung mit einem Panel-Vorschlag eingebracht. 
In Anlehnung an den Untertitel dieser Jahrestagung – "wider den Methodenzwang" – stellte diese Gruppe aus NFDI4Culture zusammen mit zwei Kolleginnen aus musikphilologischen Forschungsprojekten einen scheinbar die Geister scheidenden Begriff und dessen Bedeutung in den Mittelpunkt: die Datenmodellierung.

Dieser Terminus hat auf Kolleg:innen, die mit den Digital Humanities wenig Berührungspunkte haben, eine bisweilen geradezu abschreckende Wirkung und löst gelegentlich sogar „Wider“willen aus – das "wider" im Titel greift diese Wirkung auf; "wieder" steht hingegen für den dadurch immer wieder notwendigen Versuch zu zeigen, wie hilfreich, wie notwendig Datenmodellierung ist.

"Datenmodellierung" bedeutet kurzgesagt, dass Daten und ihre Struktur dem jeweiligen Forschungsgegenstand angepasst, „auf den Leib geschneidert“ werden müssen, und somit war vor dem thematischen Hintergrund der historischen Aufführungspraxis das Ziel dieses Round Table und seiner vier kurzen Inputs,

  • den Widerwillen vor Datenmodellierung zu nehmen
  • und den immens produktiven Nutzen der Datenmodellierung vor Augen zu führen.

In vier Inputs oder Use Cases wurden Möglichkeiten und Herausforderungen der Datenmodellierung und Erfahrungen aus konkreten musik- und theaterwissenschaftlichen Projektkontexten vorgestellt.
Die Theaterwissenschaftlerin Melanie Gruß (Universität Leipzig) beleuchtete anhand von Beispielen aus dem Projekt "Kulturerbe Tanz in der DDR" die Herauforderungen, die Aufführungsereignise an die Datenmodellierung stellen. Für deren Beschreibung ist ein ereignisbasierter Ansatz notwendig, der einerseits die Inszenierung bzw. Choreografie in den Status eines Werkes (im Sinne des FRBR-Modells) erhebt und neben Ort und Zeit weitere Entitäten (Personen, Werke usw.) wie auch den Anschluss überlieferter Objekte in verschiedensten Medienformaten (z. B. Rezensionen, Abbildungen, Fotografien usw.) ermöglicht. Sie zeigte diesbezüglich die derzeit in der Gemeinsamen Normdatei bestehenden Defizite auf, denen durch die Arbeit der AG Performing Arts Abhilfe geschaffen werden soll.

An die Problematik der digitalen Modellierung von Aufführungen knüpfte die Musik- und Informationswissenschaftlerin Kristina Richts-Matthaei (Akademie der Wissenschaften und der Literatut Mainz) an. Sie stellte auf kürzestem Raum dar, wie eine Datenmodellierung im Hinblick auf (nicht nur) historische Aufführungen strkturiert sein sollte, und zeigte dabei die Vorzüge einer guten Datenmodellierung (Transparenz, Vernetzbarkeit sowie Rückgrat und erhöhte Sichtbarkeit von Forschung). 

Im Mittelpunkt des Beitrags von Vera Grund (DHI Rom) standen Erfahrungen aus dem Projekt "Tanz/Musik Digital: Encoding the stage", in dem Zeit/Raum-Progressionen untersucht werden, Text- und Bildquellen zusammengeführt werden, wie der Bühnenraum kodiert und in digitale Editionen integriert werden kann – ein Projekt, in dem historische Bedingungen und Kontexte der Aufführung besonders im Mittelpunkt stehen.

Silke Reich (Goethe-Universität Frankfurt am Main) zeigte exemplarisch anhand der Filmmusik zu "The Adventures of Robin Hood", wie Kompositionen, an denen viele Akteure (Komponisten, Arrangeure, Regisseure ...) beteiligt sind, modelliert werden können. Im Unterschied zu den vorherigen Beipielen geht es hierbei um Musik, die für eine einmalige Realisierung (nämlich im Film) gedacht sind.

Die Beiträge waren Ausgangspunkt für eine rege Diskussion mit den über 50 Besucher:innen des Panels. Diskutiert wurden u. a. die Fragen, wie interoperabel FRBR-Modelle bei unterscheidlichen Forschungsfragen und -gegenständen sind oder sein können, oder  inwieweit in (Buch- sowie in digitalen) Editionen auch deren Autor:innen sichtbar gemacht werden sollten, um deutlich zu machen, dass es sich bei einer Modellierung oder Edition immer um eine Interpretation handelt.

Programm:

Melanie Gruß: Datenmodellierung von Aufführungsereignissen in der Theater- und Tanzwissenschaft

Kristina Richts-Matthaei: Anforderungen an Erschließungskonzepte von Aufführungen

Vera Grund: Das Projekt "Tanz/Musik Digital: Encoding the stage"

Silke Reich: Modellierungsanforderungen an Filmmusik am Beispiel von Erich Wolfgang Korngold

Moderation: Martin Albrecht-Hohmaier und Martha Stellmacher