20. Dezember 2023

Forum Audio(visuelle) Kulturerbe- und Forschungsdaten. Anforderungen an Workflows, Metadaten und Repositorien

Von Dr. Martha Stellmacher

Autor:in: Gustav Hildebrand, Besitzer:in: Deutsche Fotothek / Hildebrand, Gustav

Am 16. und 17. November 2023 luden NFDI4Culture und der Fachinformationsdienst Musikwissenschaft der SLUB Dresden zur virtuellen Veranstaltung „Audio(visuelle) Kulturerbe- und Forschungsdaten. Anforderungen an Workflows, Metadaten und Repositorien“ ein. Das Thema stieß auf großes Interesse: Über 200 Personen aus der Forschung und Kulturerbeinstitutionen nahmen teil.

An zwei Nachmittagen stellten unterschiedliche Portale, Projekte und Archive, die audio(visuelle) Daten speichern und zugänglich machen, ihre Arbeit vor und gaben Einblicke in ihre Werkstätten. Im Vordergrund stand der Austausch zu Erfahrungen und Herausforderungen in allen Stadien des Lebenszyklus’ von audiovisuellen Daten: von der Digitalisierung über die Beschreibung bis hin zur Publikation, die eine Nachnutzbarkeit ermöglicht.

Der erste Veranstaltungstag widmete sich aktuellen Entwicklungen an der SLUB Dresden. Lukas Schneider stellte die Workflows im Landesprogramm „Sicherung des audio-visuellen Erbes in Sachsen“ vor, das seit 2016 sowohl institutionellen als auch privaten Datengebenden ermöglicht, Ton- und Filmmaterial zu digitalisieren sowie langfristig zu speichern und zugänglich zu machen.

Um die mit der Digitalisierung von audiovisuellem Material verbundenen Arbeitsschritte zu vereinfachen, arbeitet die SLUB an der Weiterentwicklung der Open-Source-Software-Suite Kitodo, die ein Produktions- und ein Präsentationstool bereitstellt. Damit verbunden ist auch die Entwicklung eines spezifischen Erfassungstools, das externen Datengebern erleichtern wird, strukturierte Metadaten zu ihrem Material an die SLUB mitzuliefern. Diesen Prozessen und der Systemarchitektur widmeten sich die Beiträge von Erik Sommer und André Eckardt.

Auf den wachsenden Bedarf der Musikforschung, Audios oder Videos aus der Forschung langfristig und referenzierbar zu publizieren, reagiert ein im Aufbau befindliches Angebot des Fachinformationsdienst Musikwissenschaft: Barbara Wiermann und Martha Stellmacher sprachen über das Repositorium für audio(visuelle) Forschungsdaten musiconn.audio an der SLUB, das künftig Projekten oder Einzelforschenden zur Veröffentlichung von kleineren Datenmengen kostenfrei zur Verfügung stehen wird.

Den Bogen zur wissenschaftlichen Perspektive schlug Rolf Bader (Universität Hamburg) mit dem Fokus auf der Verwendung von Künstlicher Intelligenz zur Analyse von Audio- oder Videoaufnahmen im COMSAR-Projekt, unter anderem im Ethnographic Sound Recording Archive. Dort können auch Forschende eigene Feldaufnahmen hochladen und die integrierten Tools zur musikalischen Analyse anwenden.

Am zweiten Veranstaltungstag berichteten vier Audio- bzw. Videoarchive unterschiedlicher Ausrichtung über ihre Praxiserfahrung mit der Datenerfassung, -sicherung und -bereitstellung.

Das vor kurzem gelaunchte Portal Oral-History.Digital an der Freien Universität Berlin, das Herdis Kley und Cord Pagenstecher vorstellten, bietet eine Erschließungsplattform und Forschungsumgebung für lebensgeschichtliche Interviews. Gegenüber Texttranskripten weisen audiovisuelle Aufzeichnungen eine höhere Quellennähe auf, bedürfen aber auch eines besonders sensiblen Umgangs. Neben technischen Aspekten kamen auch methodische Fragen zur Sprache, erfordert die Verwendung von Interviews doch ein differenziertes Rechtemanagement und dezidierte biographische Kontextualisierung.

Sven Strobel und Matti Stöhr gaben Einblicke in die technische Entwicklung und die Content-Pflege des TIB AV-Portals. Diese Open Access-Plattform für wissenschaftliche Videos orientiert sich an den Nutzungsgewohnheiten kommerzieller Streamingplattformen – in der Gestaltung, der Bereitstellung von Videoempfehlungen, aber auch mit den integrierten Tools wie der automatischen Spracherkennung. Das Portal legt seinen Schwerpunkt auf Naturwissenschaften und Technik, steht grundsätzlich aber für Inhalte aller Fachrichtungen zur Verfügung.

Maurice Mengel berichtete über die Geschichte und die Herausforderungen des Phonogramm-Archivs des Ethnologischen Museums Berlin als Teil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das die museumsinterne Datenbank MuseumPlus zur Beschreibung seiner Bestände nutzt. Forschende können ihre Aufnahmen in diesem Archiv einliefern, online sind über das Portal „SMB Sammlungen Online“ derzeit jedoch nur die Metadaten zugänglich.

Das  Language Archive Cologne legt seinen Fokus auf bedrohte Sprachen und Oral Literature. Felix Rau vom Data Center for the Humanities der Universität zu Köln stellte die Datenstruktur vor und demonstrierte , wie Forschende ihre Daten in das auf der Open Source Repository-Software KA³ basierende Repositorium einliefern können.

Die Aktualität und Anschlussfähigkeit dieser intensiven zweitägigen Rundschau zeigte sich nicht nur in den vielfältigen Einzeldarstellungen selbst, sondern auch in den facettenreichen Diskussionen: Sowohl im Anschluss an die individuellen Beiträge als auch im gemeinsamen Abschluss bot sich die Gelegenheit zum konstruktiven und kritischen Dialog. Dabei kamen neben dem Austausch zu konkreten technischen Tools, zu Workflows und zu Lösungen der Langzeitarchivierung in den einzelnen Portalen und Projekten auch übergreifende Themen zur Sprache wie einheitliche Datenstandards für bessere Interoperabilität und die Anpassung von Angeboten an bestimmte Zielgruppen.

Programmüberblick: https://nfdi4culture.de/id/E5193

Materialien:

Folien zu den Vorträgen

Protokoll der Veranstaltung

Linksammlung